Rattennachwuchs

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202563Viele, die einmal junge Ratten gesehen haben, hegen den Wunsch, einmal selbst diesen possierlichen Tieren beim Aufwachsen zuzusehen. Ratten – so könnte man meinen – sind ja sehr vermehrungsfreudig und robust, schließlich stammen sie von den Kanalratten ab, da geht schon nichts schief. Falsch gedacht. Denn wenn man Weibchen und Bock zusammensetzt, um Nachwuchs zu produzieren, kann jede Menge schief gehen.

Allgemeine Risiken
Wenn man die Tiere aus dem Zooladen oder von privat hat, weiß man in der Regel absolut nichts über den genetischen Hintergrund der Tiere. Erbkrankheiten oder Lethalfaktoren sind gänzlich unbekannt. Wenn man dann 2 Tiere mit unbekanntem genetischem Hintergrund verpaart, kann alles gut gehen. Die Welpen können aber auch noch im Mutterleib sterben und im schlimmsten Fall dabei die Mutter vergiften, sie können von vornherein nach der Geburt nicht lebensfähig sein, eventuell sind sie missgebildet oder versterben recht früh. Auch ist ein frühes Auftreten von Tumoren, die operativ entfernt werden müssen, ist in der Regel erblich bedingt.

Stress, falsche Ernährung und Überforderung können dazu führen, dass Mütter ihre Welpen töten und an‐ oder auffressen oder verstoßen. Dies ist auch der Fall, wenn die Mutter merkt, dass die Welpen nicht lebensfähig sind. Sie steckt dann instinktiv ihre Energie lieber in die Nachkommen, die ein normales Leben haben werden. Überreste von toten Welpen müssen entfernt werden, sicherlich kein schöner Anblick. Einige Welpen können auch erst nach einigen Wochen sterben, wenn sie einem schon sehr ans Herz gewachsen sind, da einige Erbkrankheiten nicht sofort ihren Tribut fordern.

Zudem setzt man Rattenweibchen, indem man sie eben mal decken lässt, einem unnötigen Risiko aus – jede Schwangerschaft kann ernsthafte Komplikationen bergen, und aufgrund der geringen Körpergröße von Ratten ist dann kaum eine sinnvolle tierärztliche Behandlung möglich. Gesundheitschecks der trächtigen Mutter wie bei schwangeren Menschen? Unmöglich. Medizinische Eingriffe, wenn es Komplikationen gibt, wie bei schwangeren Menschen? Unmöglich. Eine Komplikation während der Trächtigkeit ist nicht selten ein Todesurteil.

Wilde Ratten gleichen diese Risiken durch die hohen Reproduktionsraten aus, dadurch wird die Art erhalten – aber das kann nicht die Maßgabe für verantwortungsvolle Heimtierhaltung sein.

Die Vermehrung von Qualzuchten (Dumbo, Rex, Velveteen, Patchwork, Manx, unnötig rotäugig gezüchtete Tiere, Linien mit Neigung zu Megacolon oder Bluterkrankheit, um nur einige zu nennen) ist im Sinne der Tiere zu unterlassen.

Eine Rattenschwangerschaft dauert 20–23 Tage. Es kommt aber auch vor, dass ein Tier überträgt und die Geburt nicht spontan von allein beginnt. Dann kann nur noch ein Tierarzt helfen, damit die Welpen nicht im Mutterleib absterben und die Mutter vergiften. Das wäre ziemlich sicher ihr Tod.


Zu junge und zu alte Muttertiere
Ist die Ratte zu jung für eine Schwangerschaft und befindet sich selbst noch im Wachstum, schadet die Trächtigkeit ihr erheblich. Die Energie, die für die Jungen während Schwangerschaft und Aufzucht benötigt wird, wird eigentlich für die eigene Entwicklung gebraucht. Nicht selten sind junge Mütter daher kleiner als Nicht‐Mütter desselben Wurfes. Zusätzlich kann es zu einer Überforderung des Muttertieres kommen, sodass sie die Welpen verstößt oder gar tötet.

Auch kann eine Ratte zu alt für eine Schwangerschaft sein, da das Becken verknöchert und die Gefahr, dass die Welpen bei der Geburt stecken bleiben, dadurch steigt. Auch dann kann nur noch ein Tierarzt helfen, unter Umständen kann das Leben von Mutter und Welpen durch einen Notkaiserschnitt gerettet werden. Dies ist aber keine Garantie dafür, dass Muttertier oder Welpen überleben, oft ist dann das Gegenteil der Fall.

Aufzucht ohne Mutter
Sollte die Mutter versterben oder Welpen verstoßen, müssen diese mit der Hand aufgezogen werden oder – noch weit besser – einer Amme untergeschoben werden. Ammen sind aber in der Regel nicht einfach zu finden. Handaufzucht bedeutet alle zwei Stunden die Welpen per Hand zu füttern, auch nachts. Man muss die Mutter komplett ersetzen, die Kleinen warm und sauber halten, dafür sorgen, dass sie ihr Geschäft machen können etc. Das ist ein Full‐Time‐Job und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Und wenn alles gut geht…
Ratten können in einem Wurf bis über 15 Welpen zur Welt bringen. Diese müssen ausreichend ernährt werden, die ersten Wochen allein durch Muttermilch. Dies ist eine ungeheure Kraftanstrengung für die Mutter, sie braucht in dieser Zeit jede Menge abwechslungs‐ und energiereiches Futter, eventuell muss man die Welpen auch zufüttern.

Heranwachsende Rattenwelpen können Berge an Futter verschlingen. Es sollte alles rattentaugliche verfüttert werden, damit man später keine Probleme mit dem Futter bei den Tieren hat. Man wird die ersten acht Wochen, bis die Welpen vermittelt werden können, ein halbes Vermögen an Futter in die Welpen investieren. Rattenaufzucht ist ein Minusgeschäft, man wird absolut nichts daran verdienen, jedoch schnell viel Geld los.

Nicht selten werden Rattenweibchen während der Schwangerschaft und Welpenaufzucht bissig. Das Handling erfordert dann einiges an Fingerspitzengefühl, zumal man die Welpen auch unbedingt an die Hand gewöhnen muss, damit später der wöchentliche Gesundheitscheck nicht zu einem extremen Stresserlebnis wird. Wer mit bissigen Ratten nicht umgehen kann, sollte gar nicht auf die Idee kommen, ein Weibchen decken zu lassen.

Wohin mit dem Nachwuchs?
Die Tierheime und Käfige der Vermittler sind voll von Ratten allen Alters, die auf ein artgerechtes Zuhause und viel Liebe warten. Charakterlich ist da für jeden etwas dabei. Wenn man also mehr Ratten haben möchte, braucht man nur dort vorbeizuschauen und muss nicht sinnlos Welpen in die Welt setzen, die den bereits vorhandenen Tieren die Plätze wegnehmen.

Die große Anzahl Welpen, die ein Weibchen gebären kann, stellt den Besitzer auch oft vor das Problem, diese zu platzieren. Wenn man Ratten in die Welt setzt, muss man auch dafür sorgen, dass sie artgerecht gehalten werden und das mindestens zu dritt (siehe Ratten sind Rudeltiere). Ein artgerechtes Rattenheim für drei Tiere sollte die Masse 100×50×100 (HxBxT) nicht unterschreiten (siehe Rattenkäfig und Einrichtung). In einem Haushalt sollte nur ein Geschlecht gehalten werden, um Unfälle zu vermeiden, es sei denn, die männlichen Tiere sind kastriert. Beide unkastrierte Geschlechter (auch in getrennten Rudeln) im selben Raum zu halten, ist generell nicht empfehlenswert. Es sorgt für zu viel Stress in den einzelnen Rudeln. Niemals darf ein Tier in Einzelhaltung abgegeben werden oder allein aus seinem Rudel gerissen werden, um dann noch die Zeit während der Eingewöhnung und Integration allein zu sitzen (siehe Sonderfall: Einzeltiere).

Verantwortung
Wer Ratten vermehrt, sollte sich bewusst sein, dass er dafür verantwortlich ist, dass diese Tiere den besten Start ins Leben bekommen und ihr Leben lang artgerecht gehalten werden. Dazu zählt auch, die Tiere zurück zu nehmen, wenn der Besitzer sie nicht artgerecht hält oder ihnen medizinische Versorgung (nötige TA‐Besuche, OPs etc.) verwehrt. Dies gilt auch für Unfallwürfe, wenn man eine schwangere Ratte übernommen hat, sei es aus Unwissenheit aus einem Zooladen oder von privat, oder wenn man ein Tierheim unterstützen möchte und eine tragende Ratte aus schlechter Haltung übernimmt.

Die Aufzucht von Rattenwelpen ist anstrengend und nervenaufreibend, mit vielen Risiken und Unwägbarkeiten, u. U. hohen Kosten und viel Verantwortung verbunden. Wirklich «süß» sind Rattenbabies nur während weniger Wochen, bis sie dann vermittelt werden können/müssen, was weitere Verpflichtungen mit sich bringt.

Jeder sollte sich gut überlegen, ob dieser Aufwand (für einen selbst) und die Risiken (denen man das potentielle Muttertier aussetzt) wirklich sein müssen. Wer die Aufzucht von Jungtieren unbedingt einmal erleben möchte, sollte sich, anstatt selbst Ratten zu verpaaren, lieber an ein örtliches Tierheim mit Kleintierabteilung wenden oder einen Vermittler in seiner Nähe. Es wird immer wieder mal Ratten aus Notfällen geben, die trächtig sind, und die man als Pflegestelle aufnehmen kann.
 
Nienor
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